Montag, 16. Juli 2018

Nett mit Beigeschmack

Ein sonniger Tag, weiße Schleierwolken ziehen feine Bahnen in den blauen Himmel, die Vögel zwitschern, der Wind rauscht leise durch die grünen Blätter. Man muss einfach gute Laune haben an so einem Tag, geht eigentlich nicht anders. Noch dazu habe ich frei und alle Zeit dieser wunderschönen Welt für einen langen Spaziergang durch genau die Wiesen meiner Stadt, die mich immer ein bisschen an mein gelobtes Land Brandenburg erinnern. Schön. Einfach schön.

Ich strebe mit großen und meinen üblich schnellen Schritten auf dem schmalen Weg vorwärts. Die Steine piksen sich durch die dünnen Schuhsohlen. Es macht mir nichts, zu beglückt bin ich von diesem Sonnentag. Vor mir taucht eine Frau mit durch und durch langem Kleid und Kopftuch auf. Sie schiebt einen Kinderwagen. Zwei kleine Jungs stapfen vorne weg, ihrem noch etwa 50 bis 75 Meter entfernten Vater (vermute ich) auf den Fersen. 

Der Mann dreht sich immer wieder nach den Jungs um, dabei erblickt er mich und sagt auf Arabisch etwas zu der Frau. Sie dreht sich um, hebt entschuldigend die Hand und bugsiert den Kinderwagen ins Gras, um mir und meinem Galopp Platz zu machen. Ich winke noch ab und will ihr bedeuten, dass sie das nicht tun muss. Warum auch sollte der mit Kinderwagen ins unwegsame Gras ausweichen? Sie tut es dennoch. Ich verlangsame meinen Schritt, lächle sie an, blicke kurz auf das höchstens drei Monate alte Baby und sage "Danke". Ich hoffe, das Kleine ist nicht wach geworden durch den holprigen Weg ins Gras.

Als ich langsam weitergehe, um mich an den Jungs vorbeizuschlängeln, sagt der Vater auch zu ihnen etwas. Ich verstehe wieder kein Wort. Aber es klingt genau wie bei der Frau irgendwie nach einem Befehl, Platz zu machen. Der etwa Fünfjährige trollt sich gleich, der Kleine von höchstens zweieinhalb Jahren interessiert sich nicht für die Worte.  Er hat wichtigere Dinge zu tun. Dinge, die Kinder seines Alters eben so zu tun haben und als das Wichtigste auf der Welt erachten. Gut so.

Er hat einen Kornapfel in der Hand. Und den zeigt er mir als ich gerade vorbei will. Ich lächle ihn an und frage, was er denn da hat. Er beginnt zu erzählen. Ich verstehe kein Wort von dem Gesagten, weil das bei höchstens Zweieinhalbjährigen immer so ist - egal welche Muttersprache sie haben. Er brabbelt munter drauf los, dass sich die kleine Zunge vor Aufgeregtheit überschlägt und ich verstehe kein Wort. Wie bei jedem Kind dieses Alters tue ich aber schwer begeistert, verständnisvoll und interessiert, obwohl ich kein Wort verstehe. Der höchstens Zweieinhalbjährige stoppt seinen Redefluss. Gut, denke ich, das war dann also alles zum Thema Apfel. Ich winke dem Kleinen und will wieder schneller gehen.

Er aber greift mit seiner kleinen Hand meine und krabbelt seine Fingerchen in meine Handfläche, geht mit mir im Schneckentempo höchstens Zweieinhalbjähriger den Weg weiter. Dabei hält er mir den Apfel hoch und gibt ihn mir in die andere Hand. Wieder erzählt er. Wieder tue ich so als wäre ich voll Verständnis, wiege den Apfel hin und her. Er redet und redet. Er deutet auf den Apfel. Ich beuge mich zu ihm herunter, gebe den Apfel zurück und reiche ihm meine Hand zum Handschlag, sage "Tschüss, kleiner Mann" und winke.

Der Vater ist stehen geblieben, hat alles beobachtet. Auch er reicht mir die Hand, schüttelt sie und sagt in gebrochenem Deutsch: "Vielen Dank, das war sehr nett von Ihnen, so freundlich ist hier sonst kaum jemand zu uns, ich wünsche Ihnen alles Gute!"

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